Ingrina Mo. 28.04. 11.30 Uhr, Petra räumt nach dem Frühstück die Spülmaschine ein, drückt Start und…
Peng, Strom weg – Blackout in Portugal
Gestrandet in Ingrina.
Seit wir hier an der Algarve sind, ist bei Unwettern bereits 2x der Strom ausgefallen, hinzu kamen in Lote 9 Ausfälle durch Überlastung des Anschlusses. Also haben wir uns ersteinmal gar nichts dabei gedacht, als Petra rief „der Strom ist weg!“. Die Fehlersuche ergab schnell, Lote 11 hat kein Problem. Und damit vertrauen wir, wie immer auf Gott und die lokale Stromgesellschaft und machen uns auf den Weg nach Lagos.
Uns fallen die Windräder vor dem Monchique auf. Alle über 50 Räder stehen still. Merkwürdig. Gab´s das schon mal?
An der Horrorampel von Raposeira ein Bild des Erstaunens: Die Scheiß-Ampel ist aus! Geil! Auch das hat´s noch nie gegeben. Scheint das Strom-Problem also kein Ingrina-Problem zu sein, sondern gar ein Raposeira-Problem. Die 12 Kreisverkehr-N125 nach Lagos gibt uns Rätsel auf, jede weitere Ampel auf dem Weg ist aus. Hm. Also kein Raposeira-Problem, sondern ein Lagos-Problem?
Wir parken den New Defender an der Stadtmauer und schlendern durch die Altstadt. Entweder sind alle Touristen über Nacht zu Vgetariern geworden und es gibt einen anderen Grund für all die Salate auf den Tischen der Restaurants. Wir kommen an einer Eisdiele vorbei, in der das Eis tatsächlich verschenkt (!) wird. „All for free!“. Hääää? Scheinbar ist es kein Lagos-Stromproblem sondern ein Algarve-Stromproblem. Ein Ladenbesitzer, der gerade zuschließt erklärt uns, das in ganz Portugal und Spanien der Strom weg ist. Er hat auch eine glasklare Annahme, die er uns prompt mitteilt…
Wir googeln
denn noch funktionieren die Netze. Noch! Das Chaos nimmt seinen Lauf. Keiner weiß nixx genaues. Wir beenden das geplante Programm und fahren den großen Intermarche in Lagos an. Denn schnell wird klar, die Nummer könnte länger dauern. Gott sei Dank, haben wir auf dem Foia 100L Frischwasser gebunkert. Das Problem wäre also schon mal gelöst. Verdursten, tun wir schon mal nicht! Und zur Not haben wir auch noch einen Kasten Bier. Aber Essengehen ist heute nicht. Und kochen auf dem Induktionsherd fällt auch aus. Grillen erscheint sinnvoll und am praktischsten. Die Idee mit dem spontanen Einkauf hatten wir nicht exklusiv. Das merken wir, als wir auf den Parkplatz fahren. Vor dem Laden steht schon eine riesige Schlange. Der Supermarkt wird von Security gesichert und lässt nur eine bestimmt Anzahl von Leuten hinein. Die Lage ist angespannt aber ruhig. Wir stellen uns an. Rudi muss Pippi.
Der Laden ist dunkel
Nur ein kleiner Teil der Kühlregale läuft. Wir klauben zusammen, was wir glauben zu brauchen. Sicherheitshalber auch noch Brot, Aufschnitt, Eier, Holzkohle und Salami. Die scheint unseren beiden Jackels besonders wichtig zu sein. OK. Hinter uns wird direkt noch zur Holzkohle der Grill gekauft.
Wir schalten WDR2 ein
Piet schaut mich fragend an und ich erkläre ihm, dass wir zu Zeiten den kalten Krieges auch bei den Pfadfindern gelernt haben, in Notsituationen den lokalen ARD Sender für Informationen einzuschalten. Und siehe da, es wird ausführlich berichtet und informiert. Angeblich soll der Blackout noch mindestens 6-10 Stunden dauern. Uns wird mulmig. Nachdenklich fahren wir zurück nach Ingrina.
Wir rollen auf den Hof und sehen die Lösung: Der UPelixx! Unser unter einer Plane schlummernde Alleskönner! Ausgerüstet mit Gaskocher, Stromwandler und einer hocheffektiven Solaranlage. Haben die Litiumbatterien noch Saft. Ein schneller Blick auf´s Display: 12,9 Volt. Yes! Mit der Kabeltrommel verbinden wir den Vorratsraum mit dem Stromkonverter des Land Rovers und schwupp die Wupp läuft die Kompressorkühlbox und Strom zum Handy Laden ist auch noch über. Petra kocht uns erst einmal einen Beruhigungs-Cafe auf dem Gaskocher der Expeditionskabine des LR2. OK, fließendes Wasser gibt es nicht mehr. Aber wir haben das Monchique Trinkwasser und einen Pool voll Wasser zum Abspülen der Toiletten. In Gießkannen und Eimern verteilen wir dieses in den WCs.
Stefan ruft an
und fragt ob wir klarkommen. Er hat sein Notstrom Aggi angeworfen und lässt die Tagesschau laufen. Nichts ist wohl sicher, er habe aber für mehrere Tage Grillgut und Brötchen. Wenn´s eng wird sollen wir uns melden.
SMS vom Netzbetreiber
18.53 Uhr. Mein Handy blitzt kurz auf, das Zeichen für eine eingegangene Nachricht. ANEPC teilt uns mit, dass man am Problem arbeite und das es noch mehrere Stunden dauern kann. Na, wunderbar!
Wir legen eine Pause ein
und machen alle ein Nickerchen. Wer weiß, was noch kommt. Bei einsetzender Dämmerung schmeißt Petra den Grill an.
20.00 Uhr – immer noch kein Strom. Mittlerweile funktionieren auch Handies und Internet nicht mehr. Hm, saudoofes Gefühl!
Ist er vielleicht auf dem Weg…?
Das Essen hilft
und wir beruhigen uns. Wir zünden alle Solarleuchten und Kerzen an, die wir haben. Und das sind ja Gott (und Uwe) sei Dank einige. Es wird trotz beschissener Lage richtig gemütlich. Nächstes Problem: Was machen die Flieger? Können unsere Lieben morgen Mittag nach Hause fliegen? Da wir komplett von der Außenwelt abgeschnitten sind, müssen wir die Beantwortung dieser Frage verschieben. Petra hat mit dem allerletzten Balken Empfang vom Dach des Paradisos noch für Helen, Piet und Rudi eingecheckt. Schlaue Muffi!
Der UPelixx ist die Einsatzzentrale
Unser Fels in der Brandung bleibt alarmbereit und beleuchtet…
Wir lassen den Mut nicht sinken
und erzählen bei Kerzenschein über die kommenden Ereignisse in der Familie und im Freundeskreis. Petra kocht noch mal Kaffee im UPelixx und um 23 Uhr löschen wir die Kerzen. Jedes Schlafzimmer bekommt eine Akkuleuchte und wir wünschen uns eine gute Nacht und das der Strom zurück kommen möge.
23.23 Uhr MESZ-1: Der Strom ist zurück
Mit einem Piepen, Schrillen und Aufblitzen melden sich alle Geräte und unsere Hoffnung zurück. Die Handys gehen wieder ans Netz.
Puh, was für ein Tag. Im Familienkreis haben wir beschlossen, es für uns zu behalten: Denn wir wissen ja, es war nicht Putin am Schalter, sondern Muffi an der Spülmaschine in Ingrina, die der iberischen Halbinsel den ersten kompletten Blackout der Geschichte beschert hat. Aber: Psssst!