Welt Rekord

An jedem verdammten Morgen!

Stehe ich auf und begebe mich auf eine Reise ans Ende des Verstandes: 13,16 km mit dem Rad nach Vila do Bispo. Brötchen holen.
Mittlerweile 58 mal und 781 km. Bei Wind und Wetter, Sturm und Regen, Sonne und keine Sonne. 20 min. Hin. 20 min. zurück.
OK, über eine wirklich sehr sehr schöne Strecke von Ingrina über Raposeira nach Bispo und retour. Gerne nehme ich euch heute einmal mit.
Ihr seid herzlich eingeladen mich zu begleiten und dabei die unmittelbarer Umgebung unseres Domizils am Strand der Algarve kennen zu lernen. Und einen Weltrekord gibt´s auch: Versprochen. Also los gehts.

Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt – oder dem Gang aus der Tür.

 

Einmal im Kreis

von Ingrina (denn mehr ist es nicht, an dem die 20 Häuschen zwischen Ort und Strand liegen). Bei den Surf-Dudes der Surf-Schule vorbei. Für die sind wir allerdings zu früh. Denn morgens um 8 machen die noch Heia. Würd ich jetzt auch gerne.

Hinaus auf die Landstraße ohne zu sterben

Zugegeben – mit Kopfhörer fahren ist natürlich nicht ungefährlich.  Aber die Geisteskranken hier überfahren Dich auch ohne Mukke auf den Ohren. Darum immer schön aufpassen, wenn es raus auf die Landstraße geht. Kein Surf-Dude von links und auch keiner von rechts…

Bei den Mädelz vorbei

Wahre Liebe gibt es nur zum Nutzvieh. Die Kuhherde steht mal links und mal rechts vom Weg. Aber die Damen freuen sich immer mich zu sehnen. Und ich mich auch. Wobei das liegt nicht an ihren klingenden Glocken sondern an ihrem mitfühlenden Blick für einen armen Irren.

Gitti & Erika

Absolute Beherrschung von Mensch und Gerät

Zu diesem frühen Zeitpunkt sind die Bewegungsabläufe noch nicht optimal. Ich kralle mich in die Pedalen. Und mit jedem Meter wird es riemiger.

Alte Steine

Vorbei an den richtig alten Steinen von Padrao. Die Megaliticos wurden beim Bau der Straße in den 80er Jahren des letzten Jahrtausends gefunden und stammen aus der Zeit in etwa 5500 vor Christus. Junge, Junge, die haben schon so manche radfahrende Brötchenholer oder aber vor Säbelzahntiger davon laufende Jägerz gesehen…

Der erste Anstieg

Spätestens jetzt muss man wach sein. Die linke Hand will permanent zum Modusschalter des E-Bikes und auf Sport, besser noch Turbo. Aber der innere Schweinehund brüllt dich an: Ist das alles Du Honk? Also Gang runter schalten und in die Pedale getreten. Der Bergh will erobert werden. Dabei zeigen einem die Windräder des Monchique, ob es heute Rücken- oder doofer Weise Gegenwind gibt. Hier entscheidet sich nun, ob es ein guter Tag wird, oder nicht…

Zum ersten Mal das Ziel vor Augen: Vila do Bispo auf der anderen Seite des Tals.

Oben angekommen

folgt die nächste Erkenntnis: Kannst Du den Foia im Monchique sehen, wird es ein schöner Tag. Hängt er in den Wolken oder verdeckt gar Regen die Sicht ist spätestens jetzt der Tag im Arsch.

Ein erster Überblick

Am Horizont ist die ganze Strecke, die vor uns liegt zu sehen. Runter nach Raposeira (rechts) und dann über´s Feld nach Bispo (links). Schön aussehen tut´s ja.

Von nun an: Bergh ab

Nach der Überquerung des  L’Alpe d’Huez (nach diesem Anstieg hat die Tour de France Ihren schwersten Berg benannt) geht es bis Raposeira runter ins Tal. Siebter Gang, ECO, geschmeidig Fahrt aufnehmen.

Achtung Surf-Dudes

Die erste Kreuzung des Törns. Hier wieder höllisch aufpassen, daß dich nicht einer dieser Wassersportler umnietet!

Fertig machen für´s Siegerfoto

Jetzt geht’s ab: 16% Gefälle auf dem Weg nach Raposeira. MIt Rückenwind erreichst Du immer 60 km/h. Heute lassen wir es für´s Foto gemütlich mit der Hand an der Bremse laufen.

 

Auf diesem Streckenabschnitt ist es auch passiert:

Mittwoch, 19 März 2025, 8.17 Uhr:

Neuer Weltrekord

für E-angetriebene Holland-Damen-Räder in der Gewichtsklasse über 130 –

73 km/h.

Leck mich am Arsch war ich schnell!

Schneller als meine Schatten!

Voll auf die Fresse

würde man sich legen, wenn man mit 60 km/h und mehr am Fuß des Berghes ankommt und nicht bedenkt, dass freundliche Bauarbeiter am Ende einen Graben gezogen, diesen aber nicht wieder fachgerecht verschlossen haben. So ist es nun ein 4m breites und 1m tiefes Schlagloch, das jeden tötet, der nicht rechtzeitig abbremst. Hier zeigt sich der fundamentale Unterschied zwischen einem Holland Damen Rad und einem New Defender V8.

Den Zoo in Lagos besuchen

denke ich mir jeden Morgen gegen 8.19 Uhr. Weiß auch nicht, wie ich darauf komme…

Jetzt nur noch auslaufen lassen

Gemütlich rollen wir auf die Kreuzung zu, die Raposeira in zwei Teile teilt: Die Seite mit und ohne Surf-Shop. Oder auch die Seite auf der wir wohnen und die andere.

Die Ampel des Grauens!

Die N125 führ von Lagos nach Sagres. Es ist eine Art Bundesstraße und die einzige Verbindung zwischen den beiden Orten. Wir nennen sie auch liebevoll die Olypmpia-Road. Denn sie hat insgesamt 15 Ringe (also drei Olympiafahnen), genannt Kreisverkehre. Nur eine einzige Kreuzung ist beampelt. Unsere! Kommen wir vom Einkaufen aus Bispo, stehen wir bei Rot an der Ampel. Kommen wir vom Essen in Lagos, stehen wir bei Rot an der Ampel. Kommen wir von der Autobahn, stehen wir bei Rot an der Ampel. Egal von welchem verfluchten Ort wir auf diesem Planeten kommen, wir stehen immer, absolut immer an dieser Ampel. Danke an den Straßenbauplaner. Möge er in der Hölle braten und niemals, absolut niemals grün bekommen!

Ziviler Ungehorsam zeigt sich durch das bewusste Überschreiten von Grenzen und Regeln. Und ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass ich morgens um 8.21 Uhr mit „Eye of the tiger“ auf den Ohren hier anhalte?

Wir wechseln die Straßenseite

Im 3. Gang nehmen wir die leichte Anhöhe zur Spitzkehre, mitten im Ortskern. Auch wenn wir es selber nicht hören, immer wieder nett mit dem Kopf nicken und ein fröhliches „Bom dia“ wünschen. Wir bekommen stets ein Lächeln zurück. Herrlich.

Durch diese hohle Gasse muss er kommen

ähm fahren. Am Haus mit der roten Türe biegen wir scharf links ab. Doch uppjepasst. Von links oder rechts kommt gerne schon mal ein Eingeborener mit der Hand auf der Suche nach etwas im Beifahrer Fußraum und überrascht dreinblickend, kurz bevor er (oder sie) dich überfährt.

Gleicher Bauarbeiter – anderer Graben

Auch hier gilt, runter mit der Geschwindigkeit sonst Beule.

Über die Brücke

raus aus dem Ort. Wir verlassen Raposeira über das springende Bächlein und die alte Steinbrücke. Vorsicht. Auch hier droht ein schneller Verkehrstod, durch ein entgegenkommendes Fahrzeug mit wahnwitziger Geschwindigkeit. Haben wir die Brücke lebend hinter uns gelassen, brauchen wir alles, was der Akku hergibt. 1. Gang, Turbo. Der Anstieg ist kurz, heftig und immer wieder mal gerne, zusätzlich zum gerölligen Untergrund, mit Hunde-AA gepflastert.

Oben angekommen

eröffnet sich ein grandioser Rundumblick. Hier kann man überall mit dem Wolferine Walter Röhrl zur Ehre gereichen. Wir aber mimen weiter den Jan Ulrich und genießen die Fahrt über´s Feld.

Mann kann es riechen

jeden Morgen. Das kleine Eukalyptus Wäldchen am Wegesrand. Ökologisch nicht besonders wertvoll aber ein Wohlgenuß für die professionelle Nase. Vorbei geht´s mit einem Lächeln auf den Lippen und einem kleinen Gang, denn die nächste Berghanfahrt naht.

Hat man auch das geschafft

belohnt uns Mutter Natur mit Aloe Vera frei Haus am Wegesrand. Andere Länder – andere Wicken.

Biken & Recyceln

Unser Schotterweg endet bei der örtlichen Müll-Umladestelle. Aufgepasst! Hier liegen gerne mal Reifenkiller auf der nun beginnenden Straße. Also immer schön die Augen voraus auf den Untergrund. Derweil grüßen die Müllwerker wie immer freundlich bei der Arbeit.

Nun geht es nach Vila do Bispo

Majestätisch erhebt es sich vor uns. Scheint, wie heute, die Sonne, freut man sich des Lebens. Regnet es, wie in den letzten Wochen häufiger, freut man sich der sich nähernden Unterstellmöglichkeiten. Das Leben kann so einfach sein.

Der Kettenhund

Insgesamt 116 mal bin ich an meinem gefesselten Kameraden vorbei geradelt. Immer an der Kette, nie hat er mich eines Blickes gewürdigt. Eine zeitlang bin ich immer näher an eine seiner Pfoten vorbeigefahren, wenn er auch schon mal auf der Straße lag. Ich meine, das Gummi des Rades, hätte seine Haare berührt, aber kein Grund auch nur ein Ohr aufzustellen. Aber wehe, ein Auto nähert sich, dann wird mein Freund der Kettenhund zum Hund von Bispoville. Irre.

Wir kommen ins Gewerbegebiet

Hier ist immer gut was los. Also aufgepasst, auch hier treiben sich Surf-Dudes und einheimische Kamikaze Fahrer rum.

 

Der alte Hund & sein Kumpel

Der Junge muss 100 sein und tiefenentspannt. Aber er würdigt mich zumindest meistens eines Blickes als wolle er sagen: „Leb wohl mein Freund“. Apropos Freund, der alte Hund hat einen Kumpel, deutscher Schäferhund, ich nenne ihn Hasso. Er ist in 49 von 50 Fällen eingesperrt und kläfft nur, wie ein Berserker, wenn ich vorbei komme. Aber wehe, das Tor steht auf. Dann will er mir an die Buxx und ich muss sofort auf Turbo in die Pedale treten, sonst ist mein schönes Leben vorbei.

Meister Röhrig

Die Werkstatt von Meister Röhrig ist immer randvoll. Meistens mit Surf-Dudes Wohn-Containern auf Rädern. Hier wartet grad immer jemand auf das Ende der Reparatur oder das Eintreffen des Ersatzteils aus Sindelfingen, Wolfsburg oder Mannheim. Ein Hippi-Päärchen aus Castrop-Rauxel hat hier mal 3 Wochen campiert. Aber egal: Hier werden sie geholfen!

Der Surf-Shop unseres Vertrauens

Hier haben wir einen Neopren Anzug und ein Surf-Board gekauft. Aufkleber geschenkt bekommen und kluge Tipps frei Haus erhalten. Aber selbstverständlich nicht um 8.31 Uhr. Vor 11 geht hier gar nixxxx…

Wieder der Bauarbeiter – wieder ein Graben

Gefahr erkannt – Gefahr gebannt!

Stoppstraße to hell

Hier sollte man halten. Denn von links und rechts fliegen sie mit Warp 9,9 heran. Gerade denkst Du noch so „hey, alles frei“ und im nächsten Moment fragt Dich der Rettungssanitäter nach deinem Organspendeausweis…!

Mit Schwung auf die letzte Etappe

Nun kommen wir in die Kreisstadt. Ja, Vila do Bispo ist der Sitz des gleichnamigen Kreises. Was man mit 936 (!) Einwohner alles werden kann. Und was man auch so alles bekommen kann: Ein eigenes Heimatmuseum, gebaut mit Mitteln der Europäischen Union, ein neuer Kunstrasenplatz, ein flammneues Aldi aus Deutschland und und und. Toll hier!

Die Markthalle

wird gerade renoviert. Für mich ein absolutes Wunder, dass da, mit Aldi und Lidl vor der Tür noch Geschäft gemacht wird. Aber das ebenfalls dort beheimatete Café Zig Zag ist wirklich genial. Tolle Speisen und Getränke und der Wirt ist ein echt lieber Kerl.

Ich denke die Markthalle braucht es aber auch noch zu einem anderen Zweck. Man spart sich das Altenheim. Hier werden die Jungs des morgens abgeladen und fortan wird lautstark über alles, was wir nicht verstehen, diskutiert. Genial!

Zielgerade!

Wir biegen ein in die Reihenhausgasse, kein Morgen, an dem dir hier nicht jemand auf dem Weg zur Arbeit, Kindergarten oder dem Bibelkreis entgegen kommt.

In der Schule wird fleißig gelernt

Der letzte Kreisverkehr, danach noch links der inoffizielle WoMo-Stellplatz, auf dem Campieren streng verboten ist, aber immer ein Camper steht und rechts der offizielle WoMo-Stellplatz. Dort stehen die deutschen Kapitäne der Landstraße. Ordnung muss ein. Und verboten ist nun mal verboten. Sollen doch all die Briten, Franzosen oder gar Portugiesen umsonst auf der anderen Straßenseite stehen.

Lidl!

Eigentlich mag ich Lidl gar nicht. Aber er ist nun mal perfekte 13,1 km von Ingrina entfernt und nach mehr als 60 Besuchen hat man sich angefreundet und ja sogar lieb gewonnen. Ich kenne die Brötchen-Theke auswendig und freue mich täglich über das höfliche „Danke schön“ über und die freundlichen Mitarbeiter*innen an der Kasse.

Jetzt aber flott zurück

Frühstück wartet. Also wieder vorbei an der Markthalle, Aldi und jetzt, die andere Kurve nutzend, an der Rettungswache und wieder am Museum.

Die Karre steht hier seit mehr als einem Jahr. Immer. An jedem verfluchten Morgen.

Wind 4 all halt…

Wieder vorbei am Surf-Shop.

Immer noch zu. Immer noch zu früh, dafür kommt aber der nächste Reparatur suchende Wohnmobilist.

Raus aus’m Ort

vorbei am alten Hund, an seinem Kumpel, am Kettenhund und der Mülltrennung. Da wo es eben berghab ging, geht’s jetzt leider berghauf.

Gegenverkehr!

Bloß schön weit rechts fahren.

Der Endgegner lauert auf der anderen Dorfseite

Schon gut zu sehen, der 16% Anstieg und „Rekord Abfahrt Bergh“, jetzt als „erster Gang alles was geht Herausforderung“. Ich will nicht…!

Mit 40 Sachen rein nach Raposeira. S-Kurve: Vorsicht! Nicht erschrecken, denn linker Hand kommen in der Regel Ernie und Bert, zwei gestresste Hunde auf der Suche nach einem Opfer, an den Zaun oberhalb gestürmt. Heute haben sie Berufsschule.

Vorbei am Golf 1

und am Spar Markt. OK, hier könnte man auch einkaufen. Aber dann wären es nicht die verdammten 13,1km an jedem Morgen.
Logisch, oder?

Die Ampel ist  G R Ü N !!!!!!

Vorbei am Surf-Shop von Raposeira

Die Öffnungszeiten haben sich mir, auch nach 200 Vorbeifahrten, noch nicht erschlossen. Manchmal tagelang zu, dann, wie heute, überraschender Weise wieder geöffnet. Und während es mir vor dem nahenden Anstieg graut, fragt sich der jute Deutsche: „Wie können die da bloß von Leben??“. Anscheinen jut…!

Auf geht´s

Erster Gang, alles aus dem Akku quetschen. Der Schweiß läuft in Strömen und die Frage drängt sich auf: WARUM??
Auf halber Höhe am Wegweiser „Ingrina“ vorbei und dem Wissen, nur noch wenige Meter.

Das Schild ist übrigens vom Fahrtwind umgebogen.

Geschafft!

Tusch!! Bäähm, König der Welt. Belohnt mit dem Blick auf Sagres, dem Leuchtturm vom Cabo San Vincente und dem Meer…

Unser Ingrina

wie herrlich es sich in die Landschaft einfügt. Einfach ein Farbenmeer. Jeden Morgen ein Bild, das glücklich macht. Ehrlich.

Die letzten Meter

und dann ist es geschafft: 9.01 Uhr – Frühstück am Pool. Und bei gutem Wetter: Vorher noch ein paar Bahnen im arschkalten Planschbecken. Absolut Geil! Wenn alles weiter so weiter läuft, werden es im November über 1500km „Brötchen Hol Radeln“ gewesen sein. So J will! Klingt bekloppt? Isst es auch!

Film ab!

Und das ganze jetzt noch mal in 67 Sekunden…

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